»Just in dem Augenblick, in dem Konrad Sammer zur Welt kam, schlug ein Blitz ins Haus ein. Er sauste durch den Schornstein, sprengte die Tür des Holzofens weg, erfüllte den ganzen Raum mit gleißender Helligkeit und traf die rechte Pobacke des Babys, das eben mit einer gewaltigen Presswehe aus dem Leib seiner am Boden hockenden und vor Schmerz schreienden Mutter glitt. Alle Anwesenden schlossen geblendet die Augen, und so kam es, dass das Kind der Hebamme durch die Hände flutschte und mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug. Noch bevor er den ersten Atemzug tat, erfuhr Konrad Sammer also, dass diese Welt ein harter, grausamer Ort war, wo einen jederzeit ein Blitz treffen und wo man sich auch nicht darauf verlassen konnte, dass jemand da war, der einen auffing, wenn man fiel.«
Seine Eltern halten Konrad Sammer ob der dramatischen Umstände seiner Geburt für auserwählt, einst Großes zu vollbringen, doch lange deutet nichts darauf hin. Sammer wird Journalist und lebt ein unauffälliges Leben, bis er sich mit 52 Jahren plötzlich in merkwürdige Ereignisse verstrickt sieht. Ein Mann schlägt vor ihm auf einer Straße Wurzeln, eine Hütte erscheint aus dem Nichts, um Eingeborene in Hungersnot zu speisen, und dann hört Sammer auch noch eine Stimme in seinem Kopf. Sie behauptet, Gott zu sein, und will ihn für einen Feldzug gegen Raubtierkapitalismus, Unmenschlichkeit und Gier rekrutieren …
Wer Don Camillo liebt, der wird auch den „Auserwählten“ mögen.
So wie Giovanni Guareschis legendärer Pfarrer, hört auch Konrad Sammer, Hauptfigur im neuen Roman des Ansfeldner Schriftstellers Hermann Knapp, in seinem 52. Lebensjahr plötzlich eine Stimme in seinem Kopf, die von oben kommt – von ganz oben.
Anzeichen für Sammers Auserwähltsein gibt es aber schon zuvor: Bei seiner Geburt wird er von einem Blitz getroffen und stößt einen so lauten ersten Schrei aus, dass dieser auf der ganzen Welt zu hören ist. Dann sind da noch die große farnförmige Narbe auf seiner rechten Gesäßbacke, der übernatürlich laute Herzschlag, mit dem er ganze Orchester aus dem Takt bringen kann, und natürlich sein unumstößliches Ritual, jeden Tag mit einem großen Schluck Weihwasser zu beginnen.
Gar nicht so verwunderlich also, dass diesen Mann eines Tages Gott - aus einem brennenden Forsythienstrauch heraus - zu seinem Propheten beruft. Der Allerhöchste ist nämlich überhaupt nicht zufrieden mit der Entwicklung seiner Schöpfung und will ihr einen Schubs in die richtige Richtung geben. Sammer soll Raubtierkapitalismus, Menschenverachtung und Umweltzerstörung an den Pranger stellen. Ein durchaus gefährliches Unterfangen …
Der Auserwählte ist anfangs auch gar nicht begeistert von seinem Auftrag, doch Gott lässt nicht locker und offenbart in den Zwiegesprächen mit Sammer große Hartnäckigkeit und einen durchaus schrägen Humor.
Schließlich macht sich der Auserwählte also doch daran, die Menschen zur Menschlichkeit und zur Bewahrung der Schöpfung zu bekehren.
Ob es ihm gelingt … tja, um das zu erfahren muss man schon den Roman lesen.